Biedermeier Wiesbaden Regine Schmitz-Avila

Zeitungsartikel - Biedermeier
Biedermeier Sekretär Wien um 1815

Zusammenfassung

Wegen des leitmotivischen Flechtbandfrieses oder der vertikal hängenden Blattgirlanden wird der Biedermeier-Stil in Deutschland auch als Zopfstil bezeichnet.

Die Bezeichnungen Tischler, Schreiner und Kistler sind Synonyme, die gleichbedeutend und unterschiedslos gebraucht wurden. Die Zunftsätze des Kurfürsten von 1737 (StAM Gewerbeamt) regelten, dass die Schreiner oder Kistler zusammen mit den Ebenisten und Kunsttischler eine Zunft bildeten. Die Kistler besaßen auch die Lizenz, ihre eigenen Arbeiten selbst zu polieren, zu fassen und zu lackieren, ebenso wie Beschläge und Schlösser an ihren Möbeln eigenhändig aufzusetzen und Lederplatten aufzuziehen.

Hiltl erhält 1799 das kurfürstliche Privileg, um 1803 höfisches Möbel herzustellen;  er arbeitete bis zu seinem Konkurs 1846. Er war der erste der ein sogenanntes Möbelmagazin mit kurfürstlichem Privileg am Frauenkirchhof 27 eröffnete. 1813 geriet Hiltl in eine politische Intrige und wurde eingekerkert; der Neuanfang 1818 mit Umdruckverfahren lithographischer Blätter auf Möbel war schwierig. Von Hiltl bleibt aber das Prinzip des Ladengeschäftes als neue Verkaufsform, mit einer reichen Auswahl an Möbeln, die einer vagen Bestellung weit überlegen war.

Die Quellen des Münchner Stadtmuseums belegen als Hofschreiner: Hemmer, Daniel und Frank. Die Möbel der Hofschreinerei Daniel sind seit 1813 unter seiner Leitung entstanden (1807 bis 1813 unter Klara Daniel,  Hofkistlerwitwe ausgeführt). Melchior Frank ist bis 1845 ohne den Titel als Hofschreiner nachzuweisen, den jetzt Josef Pössenbacher unter der Werkstattsadresse: Tannenstr.12 führte. Johann Hemmer (1801-1879), der älteste Sohn aus dem Danielschen Betrieb kaufte seine Kistlergerechtigkeit 1825 und führte seinen Betrieb unter der Adresse: Pfarrstr.4.

Zitat: Blumenbach, 1825, S.2: „Es sind Möbel, „welche, von überflüssigem Zierrath frey, durch Einfachheit, Regelmäßigkeit, Schönheit und Solidität sich auszeichnen“.

Zum Biedermeierholz:

Das Biedermeiermöbel ist von der Konstruktion ausschließlich ein Tischlermöbel mit einer furnierten Oberfläche über einer verdeckten Blindholzkonstruktion.

Das Furnier hatte im Biedermeier eine immense Bedeutung; Glanz, Farbe und Struktur der Oberfläche wurden als höchster Wert begriffen. Welche Bedeutung das Furnier in der damaligen Zeit hatte zeigt sich daran,  daß das Furnier bei ganz profanen Rechnungen immer erwähnt und hinzugefügt wurde, dass es bolidiert und mit Öl geschliffen oder gebeizt sei.

Als Vertreter des poetischen Realismus sagte Adalbert Stifter  zu den Furnieren nachfolgendes: „Sie sind viel schöner (die Furniere), als die ungefähre Malerei ausdeuten kann, mein Pinsel kann noch immer nicht den Glanz und die Zartheit und das Seidenartige der Holzfasern ausdrücken“ (Nachsommer,1857).  Stifters Werk zeichnet sich durch sein Streben nach Humanität, Maß und Ordnung aus, sowie dem Sinn für das Stille und Unscheinbare , sowie  dem Glauben an das Walten eines sanften Gesetzes in der Natur aus.

Ein Ergebnis des vorliegenden Katalogs von Ottomeyer ist, daß Biedermeiermöbel der zwanziger und dreißiger Jahre systematisch lasierend bemalt wurden in der Absicht das Furnierbild zu bereichern und zu intensivieren und ihm eine interessante Note zu geben.

Die Kontinentalsperre von 1806-14 führte zum Handelsboykott zwischen England und Frankreich , was dazu führte, dass man sich in diesem Zeitraum mit einheimischen, sogenannten „indigen“ Hölzern behelfen musste. Zu dieser Zeit kursierten etliche „Rezepte“ in Gewerbezeitungen, wie man einfache Hölzer in Mahagoniholz verwenden könnte. Schellackpolituren, Anfang des 19. Jahrhunderts, die zur Oberflächenveredelung eingesetzt wurden führen zu einem leichten Bräunungseffekt, die tieferen Schichten des Holzes lassen das Licht reflektieren und bringen so ebenfalls Maserung und Farbe zur Geltung. Bisweilen halten dunkelpolierte Nußbaummöbel den Mahagoniton am längsten und  sehen  Mahagonimöbeln bisweilen sehr ähnlich.

Feuervergoldete Beschläge waren meist teurer als das Möbelstück,  so dass die Handwerker auf ölvergoldete Messinggüsse auswichen.

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